Facts about the criminal liability of non-belief in individual countries

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If criticism of religion, or conversion from one religion to another, is already punishable in some places, apostasy, i. e. atheism, is also punishable by the death penalty in several countries of the world.

In 12 countries (Afghanistan, Iran, Malaysia, Maldives, Mauritania, Nigeria, Qatar, Saudi Arabia, Somalia, Sudan, United Arab Emirates and Yemen) “apostasy” can in principle be punished by death. Pakistan has no death penalty for apostasy, but for “blasphemy”, and the threshold for blasphemy can be very low. So, in fact, you can be executed for expressing atheism in 13 countries. (International Humanist and Ethical Union – IHEU –  2017)

However, in countries with Muslim majorities the fundamental problem is that Islam is not only divided into three main denominations (Shiites, Sunnis and Alevis) along with other smaller communities, but also has no central teaching/interpreting authority, but nine schools of law with various authorities. Therefore, in the following we will try to sketch the respective situation as precisely as possible – while keeping it brief.

But even more common than the ‘crime’ of being an atheist are the legal measures against the public expression of atheistic views. Many countries have blasphemy laws and condemn criticism of protected religions, religious beliefs, religious figures or religious institutions. For example, Pakistan has prosecuted more than a thousand people since the introduction of its current anti-blasphemy laws in 1988.

The “crime” of criticizing a religion is not always called “blasphemy” or “blasphemous slander”; some countries prohibit “defamation of religion”; sometimes it is covered by hate speech laws; for example, quasi-“blasphemy” laws instead prohibit “violation of religious feelings” or “insult to religion”. (IHEU, 2017)

Of these countries with “blasphemy” restrictions, 43 allow a prison sentence for this crime. And the crime of “blasphemy” will be punished with death in another 6 years countries: Afghanistan, Iran, Nigeria, Pakistan, Saudi Arabia and Somalia. In addition, most of the 12 countries treat “apostasy” as punishable by death, sometimes even “blasphemy” as proof of apostasy.

The situation for these countries is outlined below. Sources and references to further information are given at the end of this article.

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Afghanistan

Nach Schätzungen sind 99 Prozent der Bevölkerung Muslime (80 Prozent Sunniten und 19 Prozent Schiiten). Alle anderen Religionen (Sikhs, Hindus, Bahai’s, Buddhisten, Christen) haben nur zusammen einen Anteil von einem Prozent.

Die Verfassung (Artikel 2) besagt, dass der Islam die Staatsreligion ist und "Kein Gesetz kann den Überzeugungen und Bestimmungen der heiligen Religion des Islam widersprechen" sowie, dass "die Bestimmungen des Festhaltens an den Grundlagen der heiligen Religion des Islam und des Regimes der Islamischen Republik nicht geändert werden können". (Artikel 3)

In Angelegenheiten, in denen die Verfassung und das Strafgesetzbuch schweigen (einschließlich der Konversion und der Blasphemie), verlassen sich die Gerichte auf die Scharia.

Artikel 130 der afghanischen Verfassung und der Artikel 1 des Strafgesetzbuches schreiben vor, dass die Gerichte die Bestimmungen der sunnitischen Hanafi-Rechtsschule für Verbrechen des Abfalls im Islam anwenden. Die vorherrschende Hanafi-Rechtsprechung bestimmt - im Konsens ihrer Schule islamischer Gelehrter - die Todesstrafe für das Verbrechen des Abfalls. Zusätzlich zum Tod kann die Familie des Angeklagten jeglichen Besitzes beraubt werden, und die Heirat des Individuums wird gemäß der Hanafi- Sunni-Rechtsprechung als aufgelöst betrachtet.
Auch die „Gotteslästerung“ (Blasphemie) ist – in einigen Interpretationen der Scharia – bereits ein Kapitalverbrechen und die Blasphemie kann mit dem Tod bestraft werden, wenn sie von einem Mann über 18 Jahren oder einer Frau über 16 Jahren begangen wurde, die nicht geistig behindert sind. Diejenigen, die der Blasphemie beschuldigt werden, erhalten 3 Tage Zeit, um ihre Handlungen zu widerrufen, und könnten andernfalls dem Tod durch Erhängen ausgesetzt sein. In den letzten Jahren wurde dieses Urteil nicht in der Praxis umgesetzt, obwohl immer wieder Menschen wegen Blasphemie zum Tode verurteilt werden.

In Afghanistan wird das Gesetz gegen Blasphemie zusätzlich benutzt, um religiöse Minderheiten, Andersdenkende, Akademiker und Journalisten zu verfolgen.
Es wird zwar die formale Religionsfreiheit proklamiert, aber Präsident und Vizepräsident müssen Muslime sein. Und es besteht formal kein Verbot, religiöse Texte zu importieren, aber da die Regierung alle Bewohner als Muslime betrachtet, ist der Import anderer als islamischer Schriften verboten.

Seit dem Sturz der Taliban sind keine politischen Parteien (außer den Taliban) aus religiösen Gründen offiziell verboten, aber die Verfassung lässt politische Parteien nur zu, sofern "das Programm und die Satzung der Partei nicht gegen die Prinzipien der heiligen Religion des Islam verstoßen". Politische Parteien auf der Grundlage von Ethnizität, Sprache, islamischer Denkweise und Religion sind nicht erlaubt.

Zusätzlich zu dieser bereits schwierigen staatlichen Gemengelage zwischen formalen Freiheiten und inhaltlichen Restriktionen durch unterschiedliche islamische Rechtsschulen, gibt es keinerlei Rechtssicherheit, da die militärische Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und den Taliban immer noch nicht beendet sind und dafür auch kein absehbares Ende zu erkennen ist.

Die bewaffneten Taliban, die für ihre besonders strikte Auslegung des Koran bekannt sind und den Süden und Osten des Lande kontrollieren, ahnden Glaubensabfall mit eigenen Gerichten. Aber entdeckten ehemaligen Muslimen droht auch die Ermordung durch Angehörige der eigenen Familie, des eigenen Clans oder durch Angehörige anderer extremistischer islamischer Gruppen.

Das Verwaltungsgericht Würzburg hat diese besondere Situation in seinem Urteil vom 26.04.2016 anerkannt.
Das Auswärtige Amt schreibt aktuell: „Vor Reisen nach Afghanistan wird gewarnt. Wer dennoch reist, muss sich der Gefährdung durch terroristisch oder kriminell motivierte Gewaltakte einschließlich Entführungen bewusst sein.“

Algerien

Islam (Sunniten) 97,9 %, Konfessionsfreie (1,8 %), Christen und Juden 0,3 %. (PEW, 2010)

Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion und verpflichtet staatliche Institutionen, sich mit
dem Islam konform zu verhalten. Das Gesetz gewährt zwar allen Menschen das Recht, ihre Religion zu praktizieren, aber nur solange sie die öffentliche Ordnung und Vorschriften respektieren. Beleidigungen jeglicher Religion sind strafbar. Die Missionierung von Muslimen durch Nichtmuslime ist ein Verbrechen.

Durch einen Verfassungszusatz (im Februar 2016) wurde eine Höchststrafe von einer Million Dinar (7.400 Euro) und eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren für jeden vorgesehen, der „Zwänge oder Verführungsmittel einsetzt, um einen Muslim zu einer anderen Religion zu bekehren; oder indem sie zu diesem Zweck Einrichtungen des Lehrens, der Bildung, der Gesundheit, der Gesellschaft, der Kultur, der Ausbildung ... oder irgendwelcher finanzieller Mittel nutzen.“ Das Herstellen, Speichern oder Verteilen gedruckter Dokumente oder audiovisueller Materialien mit der Absicht, den Glauben eines Muslims zu erschüttern ist ebenfalls illegal und wird mit den gleichen Strafen belegt.

Die Polizei verhaftete (2016) 83 Ahmadi-Muslime wegen unerlaubter religiöser Aktivitäten (öffentliche Gebete und religiöse Bücher drucken). Im Juli 2016 verurteilte ein Gericht den Christen Samir Chamek zu fünf Jahren Gefängnis für Facebook-Post, die er im Jahr 2015 gemacht hatte, da das Gericht feststellte, dass sie den Propheten Mohammed beleidigten.

Was für andere Religionen angewendet wird, gilt für Atheisten insbesondere.

Im Allgemeinen genießen Menschen, die einen anderen Glauben als den Islam praktizieren, Toleranz innerhalb der Gesellschaft. Bürger, die auf den Islam verzichten, werden jedoch durchaus von ihren Familien geächtet und von ihren Nachbarn gemieden.

Diejenigen, die den Islam „aufgeben“, können zudem eingesperrt und bestraft werden. Die Regierung beteiligt sich zwar im Allgemeinen nicht an solchen Streitigkeiten, aber Konvertiten und Atheisten befinden sich unter dem Risiko eines Angriffs radikaler Extremisten.

Ägypten

90 % der Bevölkerung sind Muslime, davon 99% Sunniten und 1% Schiiten.

Der Islam ist seit 1971 Staatsreligion (Art. 2 der Verfassung) und die Scharia laut Verfassungszusatz
von 1980 die Grundlage der Gesetzgebung. Formal besteht Religionsfreit, aber die Behörden erkennen nur die drei „himmlischen Religionen“ Islam, Christentum und Judentum an. Mormonen, Zeugen Jehovas und Bahai sind nicht anerkannt. Atheisten sind überhaupt nicht vorgesehen. Apostasie ist nach dem ägyptischen Strafrecht zwar nicht verboten, aber es besteht ein Unvereinbarkeitskonflikt mit Artikel 2 der Verfassung. Im Januar 2008 verfügte der Oberste Gerichtshof, dass das Recht auf Religionswechsel sich nicht auf muslimische Bürger bezieht. (BAMF, 2011)
Regierungsstellen und Staatsagenturen rufen offen dazu auf, Nicht-Religiöse zu marginalisieren, sie zu belästigen oder rufen zu Hass oder Gewalt auf. Es ist illegal, sich explizit als Humanist, Atheist, Säkularist oder andere nicht-religiöse NGO oder andere Menschenrechtsorganisation zu registrieren.

Das ägyptische Strafgesetzbuch verbietet in Artikel 98 Blasphemie ausdrücklich. Eingebettet ist es in die Verbote, sich für „extremistische Gedanken“, „Volksverhetzung“ oder „nationale Vorurteile“ einzusetzen. Jeder, der die abrahamitischen „Himmlischen Religionen“ verletzt oder die „nationaler Einheit“ kann mit Gefängnisstrafen von fünf bis sechs Jahren und/oder Geldstrafen von bis zu 1.000 LE bestraft werden. Außerdem ist die Entweihung religiöser Symbole strafbar mit bis zu fünf Jahren Gefängnis und/oder Geldstrafen von bis zu 500 EUR (Artikel 160). Die Verbreitung des Atheismus in Wort, Schrift oder anderem wird mit Strafen von bis zu fünf Jahren Haft bestraft.

Im Oktober 2014 hat der Scheich der renommierten Al-Azhar-Universität, Ahmad al-Tayyib, im staatlichen Fernsehprogramm gewarnt, dass Atheismus nicht länger eine Randerscheinung sei.

Anfang 2018 gibt es konkrete Pläne, „Atheismus“ zu kriminalisieren und die Strafen zu verschärfen. (IHEU)
Das Auswärtige Amt schreibt (im Februar 2018): „Die Lage der Menschenrechte ist äußerst besorgniserregend. Menschenrechtsorganisationen berichten von Folter in Haftanstalten und auf Polizeistationen sowie von überlangen Haftzeiten unter unmenschlichen Bedingungen ohne Anklage. Das Phänomen des erzwungenen Verschwindens nimmt in seinem Ausmaß weiter zu.

Menschenrechtsorganisationen sind in Ägypten derzeit in bisher ungekanntem Ausmaß Ziel von Repressionen wie Kontosperrungen, Ausreiseverboten und Ermittlungen geworden.“

Bangladesch

Muslime (90 %, Sunniten), Hindus (9 %), Andere (1 %) (2011).
Bangladesch ist nach der Verfassung ein säkulares Land mit Religionsfreiheit. 1980 wurde der Islam als Staatsreligion eingeführt, was der Oberste Gerichtshof aber 2011 korrigierte und die säkularen Prinzipien der Verfassung von 1972 betonte. Die Regierung versucht, eine Gleichberechtigung von Religionen zu erlauben.

Nach dem Strafgesetzbuch unterliegen Aussagen oder Handlungen, die mit „vorsätzlichem und böswilligem“ Vorsatz zur Beleidigung religiöser Gefühle gemacht werden, einer Geldstrafe und bis zu zwei Jahren Gefängnis. Obwohl der Kodex keine „Absicht, religiöse Gefühle zu beleidigen“ definiert, haben die Gerichte ihn so ausgelegt, dass er den Propheten Mohammed beleidigt. Das Strafgesetzbuch erlaubt es der Regierung, alle Kopien von Zeitungen, Zeitschriften oder anderen Publikationen zu konfiszieren, die eine Sprache enthalten, die „Feindschaft und Hass unter den Bürgern schafft oder religiöse Überzeugungen verunglimpft“. Das Gesetz wendet ähnliche Beschränkungen für Online-Publikationen an.

In Bangladesch gibt es zwar kein Gesetz gegen den Abfall vom Glauben, aber es werden Fälle von Verfolgung von Abtrünnigen berichtet. Dutzende atheistische und säkulare Bangladescher , die den Islam „respektlos“ behandeln, wurden attackiert, wie Humayun Azad, der Ziel eines gescheiterten Macheten- Attentats, und Avijit Roy, der mit einer Machete getötet wurde. Einige Imame sollen die Tötung von Konvertiten aus dem Islam gefördert haben.

Seit 2013 werden systematisch Blogger, Verleger, Menschenrechtsaktivisten, Lehrer, Ärzte und Professoren brutal mit Macheten ermordet.

Verantwortlich für die Mordserie an säkularen Bloggern ist vor allem das Ansarullah Bangla Team, eine extremistische Gruppe von Muslimen, die der El-Quaida nahestehen sollen.

Am Tag vor dem dritten derartigen Mord im Jahr 2015, sagte Sajeeb Wazed, der Sohn des Premierministers: „Wir gehen hier eine feine Linie ... Wir wollen nicht als Atheisten gesehen werden. Es ändert unsere Grundüberzeugungen nicht. Wir glauben an den Säkularismus. Aber da unsere Oppositionspartei die Religionskarte gegen uns unerbittlich ausspielt, können wir uns nicht darstellen. Es geht um Wahrnehmung, nicht um die Ralität.“

Nach den Angriffen gegen Blogger, die militante Kämpfer beschuldigt hatten, den Islam zu kritisieren, erklärte Innenminister Asaduzzaman Khan, dass Blogger „ihr Schreiben kontrollieren sollten ... Die Menschen sollten vorsichtig sein, niemanden zu verletzen, indem sie etwas schreiben, das jede Religion, jeden Glauben und jede religiöse Führung verletzen könnte.“ Premierminister Sheikh Hasina Wajed erklärte: „Es ist überhaupt nicht akzeptabel, wenn jemand gegen unseren Propheten oder andere Religionen schreibt.“

Zusätzlich zu den Tötungen selbst und dem Mangel an Sicherheit für alle Blogger unter Bedrohung, haben Polizei und Regierungsbeamte gedroht, die Blogger für das Schreiben über „Atheismus“ zu verhaften. Freidenker bleiben unter Bedrohung und viele Blogger sind aus dem Land geflohen, um Asyl im Ausland zu suchen.

2015 und 2016 wurden mehrere religionskritische Intellektuelle, LGBTI-Aktivisten und andere als „unislamisch“ wahrgenommene Andersdenkende ermordet. Zudem wurden zwei westliche Ausländer getötet. Bei einem terroristischen Anschlag auf ein bei Ausländern beliebtes Restaurant in der Landeshauptstadt Dhaka mit anschließender Geiselnahme im Juli 2016 kamen 20 Menschen ums Leben, darunter 18 Ausländer. Zu den Angriffen haben sich der Islamische Staat und „Al Qaida auf dem indischen Subkontinent“ bekannt, die laut eigener Aussage weiterhin in Bangladesch aktiv sind. Darüber hinaus kommt es regelmäßig zu intra- und interreligiöser Gewalt. (Auswärtiges Amt)

Am 5. Juni 2016 töteten mutmaßliche Extremisten Mahmuda Khanam Mitu, 30, die Ehefrau des Polizeipräsidenten in der zweitgrößten Stadt Bangladeschs. Sie wurde neun Mal erstochen und in den Kopf geschossen, als sie ihren Sohn zu seiner Schulbushaltestelle brachte. Mindestens drei Angreifer entkamen auf einem Motorrad. Mitu ist nur die zweite Frau, die von Extremisten auf die gleiche Weise wie die anderen jüngsten Angriffe getötet wird. Ihr Ehemann, Babul Akter, wurde kürzlich in seine neue Rolle befördert, nachdem er eine Reihe von Razzien gegen verbotene islamistische Extremistengruppen wie die Jamaat ul-Mujahideen Bangladesh durchgeführt hatte. Polizeibeamte sagten der Associated Press, dass sie nicht ausschließen könnten, dass Mitglieder der Gruppen, gegen die Akter gekämpft hatte, den Mord ausgeführt hätten. (Washington Post)

Am Sonntag, dem 10. Juni 2018, wurde Shahjahan Bachchu, ein 55-jähriger Redakteur aus Bangladesch, von einem Motorradfahrer-Kommando im Dorf Kakaldi (Bezirk Munshigani), wo er lebte, durch Kugeln ermordet. Shahjahan Bachchu war Rationalist und ein wesentlicher Mann im Kampfes für Säkularismus und Meinungsfreiheit. Er war in letzter Zeit bedroht worden. (AILP)

Irak

97 Prozent der Bevölkerung gelten als Muslime (60 Prozent Schiiten, 37 Prozent Sunniten sowie 3 Prozent Christen und andere.)

Laut Verfassung ist der Islam Staatsreligion und der Irak hat eine „Islamische Identität“. Es darf kein Gesetz erlassen werden, das den „etablierten Bestimmungen des Islam“ widerspricht. Die Glaubensfreiheit und Religionsausübung ist für Christen, Yeziden und Sabaean-Mandäer möglich. Die Ausübung des Bahai- Glaubens und des wahhabitischen Zweigs des sunnitischen Islam ist verboten. Ebenso wie die Konversion von Muslimen.

Internationale und lokale Nichtregierungsorganisationen (NRO) berichteten, dass die Regierung das Antiterrorgesetz gegen den ISIS weiterhin als Vorwand für die Inhaftierung von Sunniten und anderen ohne Zugang zu einem rechtzeitigen Verfahren verwendet.

Die Verschlechterung der Sicherheitsbedingungen im Kampf gegen den ISIS ging mit gesellschaftlicher Gewalt einher, die vor allem von sektiererischen bewaffneten Gruppen begangen wurden. Bewaffnete Gruppen griffen weiterhin Sunniten an, um Hinrichtungen zu vollstrecken und Häuser und Geschäfte zu zerstören. Nicht-muslimische Minderheiten berichteten von Drohungen, Druck und Schikanen, sie zur Einhaltung islamischer Bräuche zu zwingen. In vielen Regionen gaben Minderheiten ungeachtet ihrer religiösen Zugehörigkeit an, dass sie von der Mehrheitsgruppe in der Region Gewalt und Belästigung erfahren hätten.

Der Übertritt eines Muslims z. B. zum Christentum ist zwar gesetzlich nicht verboten, führt aber im Ergebnis zu seiner Ächtung, da der Abfall vom islamischen Glauben in vielen Gemeinden und Familien nicht akzeptiert wird. Es besteht die Gefahr, dass der Übergetretene von eigenen Familienmitgliedern getötet wird, da dieser nach ihrer Ansicht Schande über sie gebracht hat.

Dass sich im Irak die staatliche Rechtsordnung weder an der Scharia orientiert noch Atheismus unter Strafe gestellt ist, hält auch Polizeivertreter und Richter vereinzelt nicht davon ab, Atheismus als Blasphemie zu deuten. Ein Atheist, der Feindseligkeiten seiner Umgebung ausgesetzt ist, wird daher zögern, sich damit an die Polizei zu wenden. Denn es könnte ihm ergehen wie Yousef Muhammad Ali aus der Region Darbandikhan in Irakisch-Kurdistan. Der erstattete 2014 bei der Polizei Anzeige gegen mehrere Personen, die ihn aufgrund seiner atheistischen und Islam-kritischen Äußerungen mit dem Tode bedroht hatten. Statt die Täter juristisch zu belangen, fand er selber sich plötzlich wegen Blasphemie auf der Anklagebank wieder. Oder, wie es der Fall Ahmad Sherwan aus Erbil (2014) zeigt. Nachdem der damals 15jährige seinem Vater in einer privaten Religionsstunde mitgeteilt hatte, er glaube nicht an Gott, benachrichtigte dieser die Polizei, die seinen Sohn in Einzelhaft nahm und tagelang folterte. Nach 13 Tagen wurde er wieder freigelassen. 2015 floh er nach Deutschland und erhielt Asyl aus religiösen Gründen, da er Atheist sei.

Die Lage im Irak ist weiterhin prekär.

Auswärtiges Amt: Mit Vormarsch der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) ab Juni 2014 waren große Teile der sunnitischen Gebiete Iraks der Kontrolle der Zentralregierung entglitten. Irakische Sicherheitskräfte und kurdische Peschmerga konnten mittlerweile große Teile der vormals von IS besetzten Gebiete zurückerobern. Die Vereinten Nationen zählen im Irak immer noch rund 3 Millionen Binnenvertriebene. Die Region Kurdistan-Irak beherbergt knapp 1 Million Binnenvertriebene, fast 400.000 davon halten sich allein in der Provinz Dohuk auf. Hinzu kommen rund 230.000 syrische Flüchtlinge. Betroffen sind ethnische und religiöse Minderheiten (Jesiden, Christen, Turkmenen, etc.), in erster Linie aber sunnitische Araber.

Aktuell heißt es in einer Meldung des Auswärtigen Amtes vom 21.11.2017: „Viele Iraker müssen lernen, ihrem Staat nach der Befreiung vom sogenannten Islamischen Staat (IS) wieder zu vertrauen.“

Allerdings befindet sich der Irak in dem Korruptionsindex 2016 auf Rang 166 von 176 Ländern.

Iran

Die muslimische Mehrheit umfasst eine schiitische Mehrheit (90 %) und 9 % sunnitische Muslime (Turkmenen, Araber, Belutschen und Kurden). Die restlichen 1 % der nicht-muslimischen Bevölkerung werden als Bahá'í, Christen, Juden, Sabean-Mandäer, Zoroastrier und Yarsanis identifiziert. Ein beträchtlicher Teil der muslimischen Bevölkerung praktiziert den Sufismus.

Der Iran erlebte nach der islamischen Revolution 1979 eine weitgehende Islamisierung von Recht und Gesellschaft. Religiöse Autoritäten haben die höchste Autorität über den Staat. Das staatliche Recht wird weitgehend vom religiösen Recht oder von religiösen Autoritäten abgeleitet. Die Nicht-Religiösen sind vom Regierungsamt ausgeschlossen. (IHEU)

Art. 14 der iranischen Verfassung fordert, Nicht-Muslime nach bester Sitte, mit Anstand und unter Wahrung islamischer Gerechtigkeit zu behandeln und die Menschenrechte zu achten. Dies gilt jedoch nicht gegenüber jenen, die sich gegen den Islam und die Islamische Republik Iran verschwören und hiergegen handeln. (BAMF)

Der wichtigste im iranischen Strafrecht enthaltene Abschnitt zur Blasphemie ist Artikel 513. Die „Verunglimpfung des Propheten“ (saab al-nabi, بﺏاﺍسﺱ یﯼبﺏنﻥلﻝاﺍ) im weitesten Sinne wird mit dem Tod bestraft:

„Beleidigen heiliger religiöser Werte und Straftaten gegen staatliche Autoritäten“ Artikel 513 – Jeder, der die heiligen Werte des Islams, einen der Großen Propheten, die schiitischen Imame oder die Heilige Fatima beleidigt oder beschimpft, wird, sofern es sich um saab al-nabi handelt, mit Hinrichtung bestraft; andernfalls wird er zu einer Haftstrafe von einem bis zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Auch andere „Delikte“ im Zusammenhang mit Blasphemie können im Iran mit dem Tod bestraft werden, z.B. Gottlosigkeit, die Verunglimpfung Gottes und der Abfall vom Islam. In der Islamischen Republik Iran gilt die Scharia, das islamische Rechtssystem, in der schiitisch-dschafaritischen Rechtsschule. Teile dieser Rechtsschule sind in Gesetzesform kodifiziert – wichtige Teile jedoch nicht. Darunter die zuvor genannten Delikte, die mit der Todesstrafe bedroht werden können. Sie sind dennoch in Kraft. (IGFM)

Die Apostasie wird nicht als eine religiöse Gewissensentscheidung angesehen, sondern wegen der engen Verknüpfung von Religion und Staat (al-Islam din wa-daula: der Islam ist Religion und Staat) mit politischem Hochverrat gleichgesetzt. Fälle einer Vollstreckung der Todesstrafe wegen Apostasie nach Schariarecht sind in Iran seit 2002 nach einem Moratorium der obersten Instanz der iranischen Justiz, Ayatollah Shahroudi, jedoch nicht bekannt geworden. (BAMF)

Die Äußerung nicht-religiöser Ansichten wird verfolgt oder wird durch soziale Stigmatisierung fast unmöglich gemacht oder mit Hass oder Gewalt angegangen. Regierungsangehörige oder staatliche Stellen marginalisieren, belästigen oder schüren Hass oder Gewalt gegen Nicht-Religiöse. Es ist illegal, eine explizit humanistische, atheistische, säkulare oder andere nicht-religiöse NGO oder andere Menschenrechtsorganisation zu registrieren, oder solche Gruppen werden von Behörden verfolgt. (Dazu bestätigend das Bundesverwaltungsgericht, 2005)

http://www.bverwg.de/270106B1B76.05.0

Die Ausdrucksweise der humanistischen Grundprinzipien für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte wird unterdrückt. Der „Abfall“ oder die Bekehrung von einer bestimmten Religion ist verboten und kann mit dem Tod bestraft werden. Blasphemie oder Religionskritik ist verboten und wird mit dem Tod bestraft. Es ist illegal, Säkularismus oder Trennung zwischen Religion und Staat zu befürworten. (IHEU, 2017)

2016 wurde der 19-Jährige Sina Dehghan wegen „Beleidigung des Propheten“ zum Tode verurteilt. (Gemäß Artikel 262 des iranischen islamischen Strafgesetzbuchs wird die Beleidigung des Propheten mit dem Tod bestraft. Artikel 263 besagt jedoch, dass, wenn der Angeklagte dem Gericht mitteilt, dass seine Beleidigungen das Ergebnis von Ärger oder einem Fehler waren, die Strafe auf 74 Peitschenhiebe reduziert werden konnte.) Nach einem Bericht des Center für Human Rights in Iran wurde das Todesurteil immer noch nicht aufgehoben.

Nachdem es Ende 2017 in verschiedenen iranischen Städten zu Protesten wegen der wirtschaftlichen Missstände und gegen die Regierung gekommen war, sind Ende Januar 2018 die Vorschriften gegen das öffentliche Abnehmen der Kopftücher verschärft worden: „Wer sein Kopftuch abnimmt ist gegen das Gesetz“.

Jemen

Muslime: 99.1 % (Rund 65 % sind Sunniten, mehrheitlich Anhänger der schafiitischen Rechtsschule, und 35 % gehören den schiitischen Zaiditen an. ), 0.9 % Juden, Bahai, Hinuds oder Christen.

Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion und die Scharia zur Quelle aller Gesetze. Sie sieht Gedanken- und Meinungsfreiheit „innerhalb der Grenzen des Gesetzes“ vor, unterlässt aber die Erwähnung der Religionsfreiheit. Das Gesetz verbietet die Denunziation des Islam, die Bekehrung vom Islam zu einer anderen Religion und die Bekehrung von Muslimen. (U.S.St.Dept.)

Seit 2013 gibt es einen erneuten Bürgerkrieg, der seit März 2015 durch eine Militärintervention mit saudi- arabischen Luftangriffen im Jemen unter der Bezeichnung „Sturm der Entschlossenheit“ ergänzt wird. Die saudi- arabisch geführte Militärintervention wird von den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich und Großbritannien logistisch unterstützt.

Es besteht aktuell (seit 8.11.2017) eine Reisewarnung für den Jemen: „Das Auswärtige Amt warnt dringend vor Reisen nach Jemen. Sowohl die politische als auch die Sicherheitslage ist im ganzen Land ausgesprochen volatil. Die Gewährleistung der Sicherheit durch staatliche Behörden ist nicht sichergestellt. Bereits im September 2014 hatten Milizen der schiitisch-zaiditischen Huthi-Bewegung die Kontrolle über weite Landesteile, darunter auch die Hauptstadt Sanaa, übernommen und auch Teile der Sicherheitskräfte unter ihre Kontrolle gebracht. Zudem: Homosexuelle Handlungen sind nach islamischem Recht verboten und können mit dem Tod bestraft werden.“ (Auswärtiges Amt)

Militante, die verdächtigt wurden, Mitglieder einer mit ISIS verbundenen Gruppe zu sein, töteten am 4. März 2016 während eines Angriffs auf ihr Kloster und Pflegeheim in Aden vier katholische Nonnen. Bewaffnete Offiziere des Nationalen Sicherheitsbüros (NSB) stürmten gemeinsam mit Houthi-Rebellen einen Bahai-Jugendworkshop in Sana'a und verhaftete am 10. August 65 Menschen Laut Medien und internationalen Menschenrechtsorganisationen blieb einer der Bahai zum Jahresende in Haft ohne Zugang zu Anwälten oder Familienbesuchen.

Zaydi und sunnitische Religionsführer setzten weiterhin Anklagen wegen Apostasie gegen ihre Gegner ein. Mitglieder der kleinen jüdischen Gemeinde berichteten von anhaltenden sozialen Belästigungen und berichteten, dass ihre sinkenden Zahlen es schwierig machten, ihre religiösen Praktiken aufrechtzuerhalten.

Der Glaubensabfall ist im Jemen ein Verbrechen. Die Artikel 12 und 259 des Strafgesetzbuches befassen sich mit Apostasie, die erstere verlangt, dass das Scharia-Urteil für Apostasie verwendet wird, und das letztere spezifiziert dieTodesstrafe für Abtrünnige des Islam. Das jemenitische Gesetz verzichtet auf die Strafe für einen Abtrünnigen, wenn dieser bereut und zum Islam zurückkehrt,

Im Jahr 2012 wurde der jemenitische Staatsbürger Ali Qasim Al-Saeedi von der jemenitischen Strafverfolgungsbehörde verhaftet und wegen Apostasie angeklagt, nachdem er seine persönlichen Ansichten über die Lehren des Islam auf einer jemenitischen Blogseite und seiner Facebook-Seite veröffentlicht hatte. Er wurde 2013freigesprochen.

Jordanien

Sunniten (92 %), Christen (6 %, mehrheitlich griechisch-orthodoxe), Andere (Schiiten und Drusen).

Die Verfassung, die Regierungspolitik und -praxis befürwortet stark den Islam und bestraft Kritik am Islam sowie Kritik an der herrschenden Familie und dem Herrschaftssystem.
Das jordanische Strafgesetzbuch verbietet es jedem, über Religion zu lästern, religiöse Gefühle zu

erniedrigen oder Propheten zu beleidigen. Die Verletzung der Verbote macht den Verletzer für Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren haftbar. Durch eine Änderung des jordanischen Strafverfahrensgesetzes aus dem Jahr 2006 kann Jordanien eine Straftat aus Jordanien verfolgen, wenn die Straftat das jordanische Volk „auf elektronischem Wege“ betrifft.

Es ist illegal, eine explizit humanistische, atheistische, säkulare oder andere nichtreligiöse NGO oder andere Menschenrechtsorganisation registrieren zu lassen. Solche Gruppen werden von den Behörden verfolgt. Die Ausdrucksweise der humanistischen Prinzipien zu Demokratie, Freiheit und Menschenrechten wird unterdrückt, ebenso wie das Befürworten von Säkularismus oder die Trennung von Kirche und Staat. Es ist illegal, sich als Atheist oder als nicht-religiös zu erkennen zu geben. (IHEU)

Jedem Jordanier ist es erlaubt, einen anderen wegen Apostasie vor seinen islamischen Gerichten zu beschuldigen. Wenn ein islamisches Gericht eine Person der Abtrünnigkeit überführt, ist es befugt, eine Haftstrafe zu verhängen, die Ehe dieser Person aufzuheben, das Eigentum zu beschlagnahmen und vom Erbrecht zu disqualifizieren.

Der jordanische Dichter Islam Samhan wurde 2008 für seine Abtrünnigkeit für Gedichte angeklagt und im Jahr 2009 zu einer Haftstrafe verurteilt.

Auswärtiges Amt: „Am 25. September 2016 wurde der Journalist Nahed Attar in Amman erschossen. Er war wegen Blasphemie angeklagt, weil er eine Karikatur geteilt hatte, in der Gott abgebildet war als Diener eines Anhängers des ‚Islamischen Staates‘. Die jordanische Regierung und staatsnahe Medien verurteilten das Attentat.“

Libanon

Der Libanon, mit 4 Millionen Einwohner*innen, liegt an der Mittelmeerküste und grenzt im Norden und Osten an Syrien und im Süden an Israel. Mitglieder von 17 verschiedenen Glaubensgemeinschaften leben in der Republik, die im globalen Norden oft als demokratische (und christliche) Bastion in der Region gilt. Zwar ist der Abfall vom Glauben im Libanon nicht offiziell unter Strafe gestellt, ein Leben ohne die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft ist jedoch politisch und gesellschaftlich nicht vorgesehen.

1. Politische Dimension
Zwar ist der Libanon eine parlamentarische Demokratie mit einer Vielfalt an politischen Parteien und mehr oder weniger freien und fairen Wahlen, jedoch basiert das gesamte System auf Religionszugehörigkeit.

Der Ursprung dessen liegt in der religiösen Vielfalt des Landes. Um Konflikten vorzubeugen, werden die drei wichtigsten Regierungsämter immer von Vertretern der größten Religionsgemeinschaften des Landes, den sunnitischen Muslimen, den schiitischen Muslimen und den maronitischen Christen besetzt. Nichts desto trotz brachen im Laufe der Jahre immer wieder politisch-religiös motivierte Gewalt aus, die in einem 15-jährigen Bürgerkrieg gipfelte, jedoch auch nach dessen offiziellem Ende anhält. Die Gräueltaten des Krieges, an denen alle Gruppierungen beteiligt waren, haben ein tiefes Misstrauen zwischen den Religionsgemeinschaften hinterlassen, die sich auch heute noch auf das soziale Gefüge auswirken, sodass von friedlicher Koexistenz keine Rede sein kann - gerade auch weil Flucht und Vertreibung zu religiös-homogeneren demographischen Verteilung geführt haben [1].

2. Gesellschaftliche Dimension
Religiöser Pluralismus ist im Libanon gelebte Realität. Sich jedoch keinem Glauben anzuschließen ist schlichtweg nicht vorgesehen. Die Bemühungen um die Eigenständigkeit jeder Glaubensgemeinschaft haben dazu geführt, dass wichtige zivilrechtliche Bereiche, etwa Eheschließung, Scheidung, Sorgerecht, etc. von den jeweiligen religiösen Institutionen geregelt werden. Aktivistinnen habe in den letzten Jahren auf dieser Ebene viel erreicht und kämpfen weiter für säkulare Institutionen und Diskriminierungsfreiheit. Der Special Rapporteur der UN Kommission für Menschenrechte kritisierte 2015, dass auch Menschen, die sich offen als Agnostiker*innen bekennen, viele persönliche Angelegenheiten nur mit den Institutionen ihrer originären Religionsgemeinschaft klären können [2].

3. Religionskritik und nicht glauben – geht das?
Die weitgehend privatisierte Medienlandschaft im Libanon ist ebenfalls, wie die politischen Parteien, religiös geprägt und gespalten. Freien Medienschaffenden und Künstlern wird die freie Meinungsäußerung jedoch versagt, da die Diffamierung von politischen und religiösen Autoritäten, sowie der libanesischen Armee gesetzlich verboten ist, außerdem verbietet das Libanesische Strafgesetzbuch die Beleidung von Religion. So wurde laut Human Rights Watch im November 2017 der Dichter Mustafa Sbeity festgenommen, da ihm vorgeworfen wurde die Jungfrau Maria in einem Facebook Post beleidigt zu haben. Zwar wird auf solche Straftaten lediglich ein geringes Strafmaß angewandt, jedoch entsprechen die Haftbedingungen im Libanon nicht den Menschrechtsstandards, lange Untersuchungshaft ist üblich und somit ein Mittel die freie Meinungsäußerung zu beschränken und Menschen einzuschüchtern. Mustafa Sbeity kam nach 16 Tagen in Haft frei. [3]

Religionskritische Menschen und Agnostiker*innen sind jedoch im Libanon keinesfalls sicher. Die Regierung hat kein umfassendes Gewaltmonopol und viele Regionen sind von Recht und Ordnung weit entfernt. Hier kontrollieren bewaffnete Milizen und einflussreiche Clans die Strukturen unter anderen die schiitische Hisbollah. Entführungen und Gewalt sind Mittel mit denen die Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit dieser Gruppen durchgesetzt werden, die libanesischen Behörden sind in diesen Situationen so gut wie machtlos.

Für libanesische Asylsuchende stellt diese parastaatliche Ordnung nicht nur eine Bedrohung für sie und ihre Familien im Libanon dar. Um politisches Asyl zu erhalten – hierzu zählt auch die Verfolgung aus religiöser Überzeugung und dadurch drohende Menschenrechtsverletzungen –, muss die Bedrohung von staatlichen Akteur*innen ausgehen (§25 Abs. 1 AufenthG). Doch die Realität zeigt, wie nicht-staatliche Gruppen die Bevölkerung, insbesondere Andersdenkende, terrorisieren und die jeweiligen Regierungen nicht gewillt oder in der Lage sind dies zu verhindern. Hier gilt es das bestehende Asylsystem zu hinterfragen und den Definitionsrahmen zu erweitern um Menschen effektiv vor Verfolgung und Gewalt schützen zu können. Insbesondere die gesonderte Betrachtung der Einzelfälle muss an Qualität gewinnen, um die jeweiligen Situation vor Ort einwandfrei bewerten zu können - so viel darf gefordert werden in Staaten die sich die Achtung der Menschenrechte auf die Fahnen schreiben.


Über die Autorin: Marlene Auer ist Sozialarbeiterin und studiert derzeit an der Alice-Salomon Hochschule in Berlin den Master "Interkulturelles Konflikt Management". Sie beschäftigt sich mit Migration und deren globalen, wie gesellschaftlichen Zusammenhängen mit einem besonderen Interesse für den Nahen Osten und Nordafrika.

[1] Samir Khalaf (2002). Civil and Uncivil Violence in Lebanon – A History of the Internationalization of Communal Conflict. New York: Columbia University Press
[2] United Nations General Assembly Human Rights Council (2015). Periodic Review. [Online] URL: https://documents-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/G15/195/97/PDF/G1519597.pdf7OpenElement
[3] Press Release Point (2018). Lebanon: Patterns of Prosecution for Free Speech. [online] URL: http://www.pressreleasepoint.com/lebanon-pattern-prosecutions-free-speech
Malaysia

Muslime 61 %, Buddhisten 20 %, Christen 9 %, Hindus 6 %, Konfuzianer, Taoisten und andere chinesische Religionen 1 %, Andere 1 %, Keine Religionszugehörigkeit 1 %. (2010)

Der (sunnitische) Islam genießt als so genannte „offizielle Religion des Staatswesens“ (Art. 3.1 der malaysischen Verfassung) besonderen Schutz. Dabei wird von einer dogmatisch reinen, von den Religionsbehörden definierten konservativen Version des sunnitischen Islams ausgegangen und gegen sogenannte „abweichende“ („deviant“) Auslegungen des Islams aktiv vorgegangen. Im Übrigen herrscht laut Verfassung weitgehende Religionsfreiheit. Allerdings ist seit 30 Jahren eine von der Regierung geförderte stärkere Betonung islamischer Traditionen, Gebote und Verbote zu beobachten, die zu einer fortschreitenden Islamisierung von Gesellschaft, Staat und Justiz führt. Für die muslimische Bevölkerungsgruppe urteilen Scharia-Gerichte auf der Basis islamischen Zivilrechts, der Verhängung von Strafen nach dem islamischen Strafrecht sind enge Grenzen bei der Strafbewehrung gezogen, auch wenn eine Ausweitung der Befugnisse derzeit auf der Grundlage eines oppositionellen Gesetzentwurfs lebhaft diskutiert wird. (Auswärtiges Amt, Februar 2018)

Strafen für Apostasie sind nicht verfassungskonform, allerdings obliegt die Autorität über Religionszugehörigkeit staatlich legitimierten Schariagerichten, die Apostasie de facto unmöglich machen. Strafen bis hin zu Todesstrafe werden zudem wiederholt gefordert.

Im August 2017 verursachte das Foto einer Atheisten-Versammlung in der muslimischen Gemeinschaft Aufruhr, nachdem es von pro-islamistischen Blogs hervorgehoben wurde, was zu Gewalt- und Todesdrohungen in sozialen Medien führte. Das Foto, das viral wurde, war einfach eine große Gruppe von Menschen, die lächelten und Friedenszeichen in der Kamera machten.

Das Problem ist größer als es scheint, weil diese Drohungen nicht nur von fundamentalistischen Islamisten kommen, sondern auch von hochrangigen Mitgliedern der malaysischen Regierung. Ein Regierungsminister in der zunehmend fundamentalistischen muslimischen Mehrheitsnation hat gesagt, dass Atheisten in Malaysia „gejagt“ werden sollten, weil sie gegen die Verfassung verstoßen, und er forderte islamische Gelehrte auf, Nichtgläubige umzuerziehen. Er forderte eine Untersuchung der Umstände dieses Treffens, insbesondere hinsichtlich der Beteiligung von Muslimen (oder Ex-Muslimen). Die malaysische Regierung wurde bisher als gemäßigtere islamische Gesellschaft betrachtet, aber diese Mäßigung könnte verschwinden. Es scheint, dass die malaysische Regierung nicht länger daran glaubt, dass niemand das Recht hat, das Leben oder die Freiheit einer anderen Person ins Visier zu nehmen, weil diese Person gegensätzliche Standpunkte vertritt. (Atheist Republic)

Die wachsende Aufmerksamkeit bei der kleinen Zahl (~ 1%), die bereit sind, sich als nicht religiös zu identifizieren, hat jedoch Regierungsbeamte und Polizei dazu gebracht, Atheisten zu bedrohen und zu leugnen, dass es ein Recht gibt, Atheismus unter der malaiischen Verfassung auszudrücken. Ethnische Malayen unterliegen strengen staatlichen Kontrollen einer erzwungenen, homogenen religiösen Identität, einschließlich zwingender Scharia-Gesetze, und in zwei Staaten, die Hudud-Erlässe sind, die den Tod wegen „Apostasie“ fordern.

Es gibt eine signifikante soziale Marginalisierung des Nicht-Religiösen oder Stigmas, die mit dem Ausdruck von Atheismus, Humanismus oder Säkularismus verbunden ist. (IHEU, 2016)

Kürzlich sagte der Stellvertretende Minister Asyraf Wajdi Dusuki, der dazu beitrug, das Vorgehen der Ex-Muslime zu leiten, im Parlament, dass der Atheismus verfassungswidrig sei und sowohl der Bundesverfassung als auch dem Rukunegara widerspreche. „Wir müssen verstehen, dass im malaysischen Kontext unsere Bundesverfassung besagt, dass die Religionsfreiheit keine Freiheit von Religion ist“, sagte er. (Atheist Republic, 2017)

Malediven

98,4 % Muslime, 1,6 % Andere.

Die Verfassung der Malediven bezeichnet den Islam als offizielle Staatsreligion, und die Regierung und viele Bürger auf allen Ebenen interpretieren diese Bestimmung, um die Forderung zu erheben, dass alle Bürger Muslime sein müssen. Die Verfassung besagt, dass der Präsident ein sunnitischer Muslim sein muss. Artikel 9, Abschnitt D der Verfassung besagt, dass ein Nicht-Muslim nicht Staatsbürger der Malediven werden darf.

Das traditionelle islamische Gesetz der Scharia bildet den Grundrechtskodex der Malediven, der vom Präsidenten, dem Generalstaatsanwalt, dem Innenministerium und dem Parlament so ausgelegt wird, dass er den lokalen maledivischen Bedingungen entspricht. Auf den bewohnten Inseln bildet die Moschee den zentralen Ort, an dem der Islam praktiziert wird. Weil der Freitag der wichtigste Tag für Muslime ist, um die Moschee zu besuchen, schließen Geschäfte und Büros in Städten und Dörfern gegen 11 Uhr, und die Predigt beginnt um 12:30 Uhr.

Adhan (Gebet) Sitzungen finden fünfmal täglich statt. Mudimu, die Betreuer der Moschee, rufen an. Die meisten Geschäfte und Büros schließen nach jedem Anruf für 15 Minuten. Während des neunten muslimischen Monats des Ramadan sind Cafés und Restaurants tagsüber geschlossen und die Arbeitszeiten sind begrenzt.

Es gibt keine Religions- oder Glaubensfreiheit. Diese Situation führt zu institutionell sanktionierter religiöser Unterdrückung von Nicht-Muslimen und Ex-Muslimen, die sich derzeit im Land aufhalten.

Apostasie ist verboten und wird mit dem Tod bestraft. Es ist illegal, Säkularismus oder die Trennung zwischen Kirche und Staat zu befürworten.

Am 27. April 2014 ratifizierten die Malediven eine neue Verordnung zur Wiederbelebung der Todesstrafe (die 1953 bei der letzten Hinrichtung abgeschafft wurde) für eine Reihe von Hudud- Straftaten, darunter Abtrünnigkeit für Personen ab dem Alter von 7 Jahren. Die neue Verordnung wurde vom Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte und der Hohen Vertreterin der EU scharf kritisiert. Sie wies darauf hin, dass sie gegen die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte der Malediven verstoßen ratifiziert haben, die die Hinrichtung von Personen für Straftaten vor dem 18. Lebensjahr verbieten.

Am 14. Juli 2010 berichtete die maledivische Nachrichtenseite Minivan News, dass der 25-jährige Fluglotse Ismail Mohamed Didi zwei E-Mails vom 25. Juni an eine internationale Menschenrechtsorganisation geschickt hatte, in der er erklärte, er sei Atheist Ex-Muslim und dass er Hilfe bei seinem Asylantrag (gerichtet an das Vereinigte Königreich) wünschte. Dies geschah, nachdem er zwei Jahre zuvor seinen Kollegen bei der Arbeit „törichterweise meine Einstellung zur Religion eingestanden“ hatte, was sich „wie ein Lauffeuer verbreitet“ hatte und zu verstärkter Repression von Kollegen, Verwandten und sogar engsten Freunden führte, die ihn mieden. und er bekam anonyme Todesdrohungen über das Telefon. Am selben Tag, an dem der Bericht veröffentlicht wurde, wurde Didi an seinem Arbeitsplatz im Flugzeugkontrollturm des Malé International Airport in einem scheinbaren Selbstmord erhängt aufgefunden. (Wikipedia)

Im Juni 2014 wurden in einer Reihe von Entführungen mehrere mutmaßliche Atheisten und Homosexuelle in Malé von großen Banden von etwa 40 Männern inhaftiert und eingeschüchtert. Die Entführten wurden über ihren Glauben verhört, auf Stellen aus dem Koran getestet und gebeten, das Shahadha (islamische Glaubensbekenntnis) zu rezitieren. Die Männer wurden des Atheismus und der Homosexualität beschuldigt und mit dem Tod bedroht. Sie waren gezwungen, ihre Facebook-Account- Passwörter zu übergeben und wurden unter Druck gesetzt, um die Administratoren der „Säkular- Demokratischen Malediven-Bewegung“ und „Maledivischen Atheisten“ auf Facebook zu identifizieren. (IHEU)

Marokko

Muslime 98,7 % (Sunniten), Christen 1,1, %, Juden 0,2 %.

Marokko ist eine konstitutionelle Monarchie. Der König ist sowohl weltlicher als auch geistlicher Führer. Laut Artikel 6 der marokkanischen Verfassung ist der sunnitische Islam Staatsreligion. Seitens des Staates gibt es keine strafrechtlichen Sanktionen gegenüber Konvertiten. Der

Glaubensabfall vom Islam wird aber in der traditionellen Gesellschaft Marokkos in Übereinstimmung mit der islamischen Tradition stark missbilligt und führt bei Bekanntwerden in der Regel zu sozialer Ausgrenzung. Zwar ist die Scharia nicht Gesetz in Marokko; Diskriminierung kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Da die Marokkaner weitaus stärker in Familie und Verwandtschaft eingebunden sind als dies im Westen üblich ist, kann das unmittelbare Folgen für die Existenzsicherung haben. (BAMF)

Das Strafgesetzbuch verbietet jedoch frn Versuche von Nicht-Muslimen, „den Glauben der Bürger vom sunnitischen Islam zu erschüttern“ und bestraft jeden, der „Verlockungen anwendet“, den Glauben eines Muslims zu untergraben mit sechs Monaten bis drei Jahren Haft.

Die Verfassung und das Gesetz über den Mediensektor verbieten es jedem Bürger, einschließlich Parlamentarier, die normalerweise vor einer Festnahme gefeit sind, den Islam in öffentlichen Plattformen wie Print- oder Online-Medien oder öffentliche Reden zu kritisieren. Solche Äußerungen werden mit Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Geldstrafe von 200.000 Dirham (19.700 US-Dollar) bestraft.

Die Regierung beschränkt weiterhin die Verbreitung nicht-islamischen religiösen Materials sowie einiger islamischer Materialien, die mit der Maliki-Ashari-Schule des sunnitischen Islam nicht vereinbar waren. Ihre Politik besteht weiterhin darin, den Verkauf aller Bücher, Videobänder und DVDs, die sie für extremistisch hielt, zu kontrollieren.

Angehörige nicht anerkannter religiöser Minderheiten sagen, dass die Angst vor gesellschaftlicher Belästigung, einschließlich Ächtung durch Familien von Konvertiten, sozialer Spott, Diskriminierung am Arbeitsplatz und potentieller Gewalt gegen sie durch „Extremisten“ der Hauptgrund für die diskrete Ausübung ihres Glaubens sei. Mitglieder des Bahai-Glaubens sagten, sie seien offen gegenüber ihrem Glauben mit Familie, Freunden und Nachbarn, aber gefürchtete extremistische Elemente in der Gesellschaft würden versuchen, ihnen Schaden zuzufügen, was sie dazu veranlasste, die lokale Polizei um Schutz bei ihren Versammlungen zu bitten. Schiitische Muslime sagten, dass sie in einigen Gegenden, besonders in großen Städten im Norden, ihren Glauben nicht vor der Familie, Freunden oder Nachbarn verbargen, aber viele vermieden es weiterhin, ihre Religionszugehörigkeit in Gebieten zu offenbaren, in denen ihre Zahl kleiner war. (U.S.St.Dept.)

Das dürfte noch ausgeprägter für Atheisten gelten.

Mauretanien

Muslime: 100 %.

Die Verfassung definiert das Land als islamische Republik und bezeichnet den Islam als die einzige Religion der Bürger und des Staates. Nur Muslime dürfen Bürger sein und Konvertiten verlieren das Bürgerrecht.

Apostasie ist ein Verbrechen, das mit dem Tod bestraft werden kann.

Artikel 306 besagt, dass „jeder Muslim, der sich des Verbrechens des Abfalls schuldig gemacht hat, sei es durch Worte oder durch Handlungen offensichtlicher oder offensichtlicher Art, aufgefordert wird, innerhalb von drei Tagen zu bereuen. Wenn der Angeklagte innerhalb dieser Zeit nicht umkehrt, soll er zum Tode verurteilt werden, und sein gesamter Besitz soll von der Regierung beschlagnahmt werden.“ Derselbe Artikel sieht vor, dass, wenn der Verurteilte vor seiner Hinrichtung „bereut“, der mauretanische Oberste Gerichtshof das Todesurteil zu einer Gefängnisstrafe zwischen drei Monaten und zwei Jahren umwandeln kann.

Am 15. November2016 hörte der Oberste Gerichtshof Argumente im Fall des Bloggers Mohamad Cheikh Ould Mohamad Ould Mkheytir, der oft als MKheytir bekannt ist. MKheytir wurde im Dezember 2014 wegen Apostasie für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Bei der Anhörung im November für MKheytirs Fall protestierten Hunderte von Personen außerhalb des Gerichtsgebäudes und forderten seine Hinrichtung. Der Fall stand Ende des Jahres noch vor dem Obersten Gerichtshof. (U.S.St.Dept.)

Im November 2015 wurde die Lage der Menschenrechte in Mauretanien im Rahmen der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung durch den UN-Menschenrechtsrat begutachtet. Die Regierung lehnte 58 Empfehlungen, u. a. zur Abschaffung der Todesstrafe und zum Tatbestand „Abfall vom Glauben“, lehnte die Regierung jedoch ab.

Im Dezember 2014 verurteilte ein Gericht in Nouadhibou im Nordwesten Mauretaniens den Blogger Mohamed Mkhaïtir, der fast ein Jahr lang in Untersuchungshaft festgehalten worden war, wegen Abfalls vom Glauben (Apostasie) zum Tode. Er hatte in einem Blog kritisiert, dass die Religion dazu benutzt werde, bestimmte gesellschaftliche Gruppen auszugrenzen. Während der ersten sechs Monate seiner Inhaftierung wurde er in einer Zelle ohne Toilette oder Dusche in Einzelhaft gesperrt. Im November 2017 änderte ein Berufungsgericht die Todesstrafe in zwei Jahre Gefängnis um und er wurde auf freien Fuß gesetzt. (AI)

Nigeria

Muslime 50 %, Christen 40 %, indigene Religionen 10 %.

Die Verfassung sieht vor, dass weder die Bundes- noch die Landesregierungen eine Staatsreligion begründen und eine Diskriminierung aus religiösen Gründen verbieten.
Die Verfassung sieht staatliche Gerichte auf der Grundlage gemeinsamer oder gewohnheitsrechtlicher

Systeme vor, die seit Jahrhunderten in der Region tätig sind. Sie erkennt insbesondere Scharia- Berufungsgerichte in allen Staaten an, in denen dies erforderlich ist. Sie sind für Zivilverfahren wie Ehe, Erbschaft und andere Familienangelegenheiten zuständig, in denen alle Parteien Muslime sind. Nach den Gesetzen der Bundesstaaten können Scharia-Gerichte Strafen auf der Grundlage des Sharia- Strafgesetzbuchs erlassen, darunter auch Hudood-Delikte (schwere Straftaten mit Strafen, die im Quran vorgeschrieben sind) und Strafen wie Stechen, Amputation und Tod durch Steinigung vorschreiben. Scharia-Gerichte sind nicht befugt, die Teilnahme von Nicht-Muslimen zu erzwingen.

Im Januar 2016 verurteilte ein Sharia-Gericht des Kano-Staates den Tijaniya-Sufi-Muslim-Kleriker Abdul Nyass und fünf weitere Männer wegen abfälliger Äußerungen gegen den Propheten Mohammed und verurteilte sie zum Tode. Alle haben Rechtsmittel eingelegt. Am 4. Januar 2016 verurteilte ein Oberes Scharia-Gericht in Kano den Geistlichen Abdulaziz Dauda und neun Anhänger wegen blasphemischer Äußerungen gegen den Propheten Mohammed zum Tode. Der Fall war am Ende des Jahres in Berufung. Dauda sagte angeblich am 15. Mai 2015, dass Sheikh Ibrahim Niasse, ein islamischer Gelehrter des Tijaniya-Sufi-Ordens im 20. Jahrhundert, eine größere Anhängerschaft hatte als der Prophet Mohammed. Die Erklärung führte in der folgenden Woche zum Brand eines Scharia-Gerichtes in Kano, als wütende Jugendliche protestierten und zur Hinrichtung von Dauda aufriefen. Der Fall war zum Jahresende noch nicht abgeschlossen. (U.S.St.Dept.)

Der Kano-Staat gilt als eines der Machtzentren der Boko Haram (Islamistische terroristische Gruppierung).

Seit der offiziellen Einführung der Scharia in 12 nördlichen Bundesstaaten Nigerias ab dem Jahr 1999, sind nach Schätzungen, mehrere zehntausend Menschen in der Region von Islamisten ermordet worden. (IGFM)

2016 gab es mehrere Vorfälle von Massengewalt im Zusammenhang mit Blasphemievorwürfen. Am 29. Mai tötete ein Pöbel in Pandogari im Bundesstaat Niger einen Christen, weil er angeblich in einem sozialen Mediennetzwerk blasphemische Äußerungen gegen den Islam veröffentlicht hatte. Nach dem Vorfall brachen in der Gegend Unruhen aus, die zu drei weiteren Todesfällen, einer Reihe von Verletzungen und der Zerstörung einer Kirche führten. Das Militär und die Polizei intervenierten, um die Ordnung wiederherzustellen und nahmen 32 Personen fest.

Am 2. Juni töteten Angreifer einen christlichen Verkäufer aus dem Südosten Nigerias auf dem Kofar- Wambai-Markt in der Stadt Kano, nachdem sie versucht hatten, einen Muslim daran zu hindern, Wudu, eine rituelle Reinigung vor dem Gebet, vor ihrem Laden durchzuführen. Die Tötung wurde von Präsident Buhari, dem Senat des Landes, dem Vorsitzenden der CAN und dem Sultan von Sokoto verurteilt. Fünf Personen wurden verhaftet, aber am 3. November wies ein Amtsgericht den Fall zurück und gab sie frei, nachdem Generalstaatsanwalt Haruna Falali verkündet hatte, dass der Staat kein Interesse daran habe. Er erklärte die Männer für unschuldig und wies das Gericht an, sie freizulassen. (U.S.St.Dept.)

Pakistan

96% Muslime (hiervon wiederum ca. 75 % Sunniten und 25 % Schiiten), die übrigen 4 % der Bevölkerung sind Christen (1,5 %), Hindus (1,6 %) und Ahmadis (0,25 %) sowie Sikhs, Parsis, Zikris, Bahais, Buddhisten und Kalasha.

Es gibt in Pakistan keine strafrechtliche Bestimmung, die Apostasie bzw. Konversion für strafbar erklärt.

Folgende Artikel aus dem Kapitel XV des pakistanischen Strafgesetzbuches, die zwar dem Wortlaut nach die Religion und hier insbesondere die des Islams zu schützen bestimmt sind, werden jedoch häufig als Mittel zur Unterdrückung anderer eingesetzt:
- Artikel 295-B – Schändung etc. von Ausgaben des Heiligen Korans.
Wer auch immer eine Ausgabe des Heiligen Korans oder einen Auszug daraus willentlich schändet, beschädigt, entweiht oder in irgendeiner herabwürdigenden Weise oder für irgendeinen ungesetzlichen Zweck verwendet, wird mit lebenslanger Haft bestraft.
- Artikel 295-C – Verwendung herabsetzender Bemerkungen etc. mit Bezug auf den Heiligen Propheten. Wer auch immer mit Worten, entweder gesprochen oder geschrieben, durch sichtbare Darstellung oder jegliche Unterstellung, Anspielung oder versteckte Andeutung, direkt oder indirekt, den heiligen Namen des Heiligen Propheten Mohammed (Friede sei auf ihm) besudelt, wird mit dem Tod oder lebenslanger Haft bestraft, und wird außerdem zu einer Geldstrafe verpflichtet.
- Artikel 298 A, Verbot der Beleidigung von heiligen Personen, wie einer der Frauen des Propheten oder der Mitglieder seiner Familie oder jedes rechtgeleiteten Kalifen oder Gefährten des heiligen Propheten (Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren und / oder Geldstrafe). (BAMF)

In Pakistan ist eine unbekannte Zahl von Menschen ohne Anklage auf bloßen Verdacht hin umgebracht worden. Die große Mehrheit der Opfer sind Muslime und Hindus, doch gerade die Zahl der angeklagten Christen ist bedeutend höher, als es ihrem Bevölkerungsanteil entsprechen würde. Der Vorwurf der Blasphemie wird vielfach als Mittel bei persönlichen Auseinandersetzungen benutzt und um Andersdenkende und Angehörige von Minderheiten gefügig zu machen.

In der Vergangenheit bedrohten islamische Eiferer Richter und Anwälte in Blasphemie-Verfahren mit dem Tod. In einigen Fällen sind Richter, die die Angeklagten frei sprachen, von Islamisten umgebracht worden. Seit 1991 wurden über 650 Christen wegen des Verdachts auf Gotteslästerung angeklagt. (IGFM)

Der einzige Christ im Kabinett der Bundesregierung Pakistans, Shahbaz Bhatti, wurde am 02.03.2011 durch Unbekannte mit Schusswaffen in Islamabad getötet. Er war Minister für Minderheiten und hatte sich gegen das Blasphemiegesetz eingesetzt. Am Tatort wurde ein Schreiben gefunden, in dem jedem ein ähnliches Schicksal angedroht wurde, der sich gegen das Blasphemiegesetz wendet. Bereits am 04.01.2011 war ein anderer Befürworter einer Änderung des Blasphemiegesetzes, Salman Taseer, Gouverneur des Punjab, durch seinen Leibwächter wegen dieser Haltung ermordet worden. Die Ermordung beider Politiker wurde von der Regierung nicht zum Anlass genommen, die Abschaffung des Blasphemiestraftatbestandes zum Thema zu machen. (BAMF)

Beide hatten sich für Asia Bibi eingesetzt, die im November 2010 als Christin wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt worden war. Der Oberste Gerichtshof hat noch nicht endgültig darüber entschieden.

Das Verwaltungsgericht Münster (26. Juli 2017): Flüchtlingsanerkennung für Atheisten aus Pakistan, dem es ein inneres Anliegen ist, seine weltanschauliche Überzeugung nach außen zu tragen.

Saudi-Arabien

Muslime: „100 Prozent“ ist die lakonische Angabe in internationalen Verzeichnissen.

Saudi-Arabien gilt als „Die Wiege des Islams“ (Kaaba in Mekka und Prophetenmoschee in Medina) und

die offizielle Staatsreligion des absolutistisch regierten Königreichs ist der Islam in seiner Ausformung des Wahhabismus – eine fundamentalistisch, religiös-konservative und „mittelalterliche“ Variante des Islam, die von einer wörtlichen Interpretation des Korans ausgeht.

Die Verfassung beruht ausschließlich auf dem Koran und der Sunna („Prophetentradition“, d. h. Traditionen und Praktiken, die auf dem Leben des Propheten Muhammad basieren). Das Rechtssystem basiert auf der Scharia, wie sie in der Hanbali-Schule der sunnitischen Rechtswissenschaft interpretiert wird.

Religionsfreiheit ist gesetzlich nicht vorgesehen und es darf keine andere Religion als der Islam öffentlich praktiziert werden. Zu den Opfern der Diskriminierung gehören auch die schiitischen Muslime, einschließlich der Hinrichtung des bekannten schiitischen Geistlichen Scheich Nimr Baqir al-Nimr im Januar 2016.

Die Regierung zensiert Inhalte in den Medien, einschließlich der sozialen Medien und des Internets. Auch wenn der „Kommission zur Förderung von Tugend und Vorbeugung von Lastern“ (CPVPV, Religionspolizei) ab April 2016 die Verhaftungen untersagt wurden, wird das soziale Verhalten aller Bürger weiterhin kontrolliert, um Gesetze und Vorschriften zum Schutz der „öffentlichen Moral“ durchzusetzen.

Bereits im Frühjahr 2014 hatte Saudi-Arabien erklärt, dass Atheismus aus strafrechtlicher Sicht genauso schlimm wie religiös begründeter Terrorismus sei. Per Gesetz werden „die Förderung atheistischer Ideologien in jeder Form“, „jeder Versuch, die Grundlagen des Islam in Frage zu stellen“, und Veröffentlichungen, die „den Bestimmungen des islamischen Rechts widersprechen“ kriminalisiert. Die Regierung verhaftete Personen wegen Apostasie, Blasphemie, Verletzung islamischer Werte und moralischer Standards, Beleidigung des Islam, schwarzer Magie und Zauberei.

Um nur ein Beispiel zu benennen: Seit 2012 ist der saudische Blogger Raif Badawi in Haft. Er gründete 2008 das Online-Forum „Die Saudischen Liberalen“. 1.000 Peitschenhiebe, zehn Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von 1.000.000 Saudischen Rial (umgerechnet rund 194.000 Euro) war die Strafe, die er am 8. Mai 2014 wegen „Beleidigung des Islam“ erhielt. Badawi hatte im Internet erklärt, dass „Muslime, Christen, Juden und Atheisten gleichwertig“ seien. Die Anklage forderte daraufhin zunächst seine Hinrichtung wegen „Abfall vom Islam“. Sollte er die Geldstrafe nicht zahlen können, wird sich voraussichtlich die Haft verlängern.

Auch wenn 2017 erste marginale Reformen angeordnet wurden (u. a. dürfen Frauen Auto fahren) beruht die moralische Autorität des saudischen Königshauses auf der Unterstützung durch die konservativen sunnitischen Kleriker, die im Kern nicht reformbereit sind.

Über die Zustände in Saudi-Arabien sind im Januar 2018 zwei Bücher erschienen.

Rana Ahmad: „Frauen dürfen hier nicht träumen" sowie Kholoud Bariedah :„Keine Tränen für Allah“, die inhaftiert war und alle zwei Wochen fünfzig Peitschenhiebe erhielt.

Somalia

Muslime (Sunniten) 99,8 %, Christen und andere 0,2 %.

Somalia fehlt seit Jahrzehnten eine effektive Zentralregierung. Die daraus resultierende Anarchie ermöglichte es extremistischen islamistischen Gruppen, harte Formen der Scharia durchzusetzen, die Tod für Apostasie, Blasphemie und andere Ausdrucksformen der Glaubens- und Meinungsfreiheit beinhalten. Artikel 3 (1) und 4 (1) der somalischen Verfassung erklären, dass das religiöse Gesetz der Scharia das

höchste Gesetz der Nation ist. Die vorgeschriebene Strafe für Apostasie ist die Todesstrafe.
Es gab zahlreiche Berichte über Hinrichtungen von Menschen wegen Apostasie, insbesondere Muslime, die zum Christentum konvertiert sind. Die berichteten Hinrichtungen wurden jedoch von außerstaatlichen

islamistischen Gruppen und lokalen Mobs durchgeführt, anstatt nachdem der Angeklagte vor einem somalischen Gericht verhandelt wurde.

Vor allem in Gebieten, die von der Al-Shabaab-Miliz kontrolliert werden, ist Apostasie verboten und wird mit dem Tod bestraft.

„Die Terrorgruppe al-Shabaab tötete, verstümmelte oder belästigte Personen, die verdächtigt wurden, sich vom Islam bekehrt zu haben oder diejenigen, die sich nicht an die religiösen Edikte der Gruppe hielten. Während des Jahres war al-Shabaab für die Tötung von Zivilisten, Regierungsbeamten, Parlamentsmitgliedern, somalischen Streitkräften und Polizisten sowie von Truppen aus den beitragenden Ländern der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) verantwortlich. Am 26. Oktober 2016 besetzten Pro-ISIS-Kämpfer eine kleine Küstenstadt in Puntland und proklamierten die Scharia, bis die Sicherheitskräfte von Puntland sie Anfang Dezember 2016 vertrieben.

Es gab einen starken gesellschaftlichen Druck, sich an sunnitische islamische Traditionen zu halten. Die Bekehrung vom Islam zu einer anderen Religion blieb in allen Bereichen sozial inakzeptabel. Konversionsverdächtige wurden von Mitgliedern ihrer Gemeinschaft belästigt.“ (U.S.St.Dept.)

Sudan

Sunniten (70 %) im Norden, Indigene Religionen 25 %, Christen 5 %.

Im Hinblick auf Konversion vom Islam unterliegen Verdächtige einer genauen Überprüfung, werden eingeschüchtert und manchmal von Angehörigen der Sicherheitskräfte, die hierfür straflos bleiben, gefoltert. Allerdings wurden nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes Fälle von Strafverfolgung wegen Apostasie, die nach dem Gesetz mit der Todesstrafe zu ahnden ist, nicht bekannt.

USCIRF (United States Commission on International Religious Freedom) zufolge wurde die Strafbarkeit von Blasphemie benutzt, um diejenigen einzuschüchtern, die missliebigen Ansichten Ausdruck verliehen. In den letzten Jahren seien solche Beschuldigungen gegen Personen -darunter den früheren Präsidentschaftskandidaten der SPLM Yassir Aman – erhoben worden, die sich dafür einsetzten, Nicht- Muslime von der Anwendung der Scharia auszunehmen oder für einen säkularen Staat eintraten. Die Kommunistische Partei werde regelmäßig der Gotteslästerung beschuldigt.

Ein weiterer Aspekt der Scharia, der ins staatliche Recht Eingang gefunden hat, ist die Möglichkeit der Verhängung der Todesstrafe bei Apostasie. Allerdings kann der Verurteilte die Vollstreckung des Urteils durch Sprechen des islamischen Glaubensbekenntnisses abwenden.

Nach dem Strafvollzugsgesetz von 1992 kann der Justizminister mit einer Empfehlung zur Strafaussetzung durch den Generaldirektor der Gefängnisse und ein Komitee, das sich mit dem Ministerium für Religiöse Orientierung und Stiftungen berät, jeden Strafgefangenen entlassen, der in der Haft den Koran auswendig gelernt hat. (BAMF)

Abschnitt 125 des sudanesischen Strafgesetzes verbietet „Beleidigung der Religion, Anstiftung zum Hass und Verachtung für religiöse Überzeugungen“. Der Abschnitt umfasst als Strafen: Freiheitsstrafe, Geldstrafe und maximal 40 Schläge. Im Dezember 2007 wurde die Sektion gegen zwei ägyptische Buchhändler eingesetzt. Sie wurden zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, weil sie ein Buch verkauften, das das Gericht als Beleidigung für Aisha, eine Frau des Propheten Mohammed, ansah.

Im Mai 2005 verhafteten die Behörden Mohammed Taha Mohammed Ahmed und beschuldigten ihn, gegen Abschnitt 125 verstoßen zu haben. Ahmed war der Chefredakteur einer Tageszeitung Al-Wifaq. Die Zeitung hatte einen Artikel über ein 500 Jahre altes islamisches Manuskript veröffentlicht, in dem es heißt, der wahre Name von Mohammeds Vater sei nicht Abdallah, sondern Abdel Lat oder Slave of Lat, ein Idol der vorislamischen Ära. Ein Gericht verurteilte Al-Wifaq mit acht Millionen sudanesischen Pfund – die Zeitung wurde drei Monate lang geschlossen -, sprach aber Ahmed frei. Ahmed wurde im September 2006 enthauptet gefunden. (Wikipedia)


Sources:

Among the information and sources used for the texts are, besides many individual reports, among others: